28.05.2018
"Ich würde Sie gerne umarmen, wenn das für Sie in Ordnung ist"
Ich saß wieder im Sessel.
Diesmal hatte ich ihn von ihr weggedreht,
so dass sie mich nur von der Seite sehen konnte.
Wieso?
Ich weiß nicht genau. Es ging und geht mir nicht gut.
Und wenn es mir nicht gut geht, kann ich Menschen nicht ansehen.
Ich kann es nicht, es ist mir unangenehm.
Ich starre dann lieber eine Wand an oder lasse meine Augen
durch den gesamten Raum gleiten und erzähle einfach, wenn es denn funktioniert.
Ich saß in dem Sessel, habe kurz nachgedacht und dann wie wild genickt,
während mir die Tränen fast literweise rausgeschossen kamen.
Und ich bin sitzen geblieben.
"Okay... dann müssten Sie aufstehen",
meinte sie leise.
Kurz noch sitzengeblieben, dann doch aufgestanden
und mich zu meiner Therapeutin hingedreht.
Und direkt umarmt worden. Ganz fest.
Geschluchzt und versehentlich Tränen an ihrer Schulter abgewischt.
In der rechten Hand, die samt Arm runterhing,
fest ein Taschentuch zusammengeknüllt.
Mit dem linken Arm sie halb umarmt.
Tiefes Durchatmen.
Gehalten werden.
Stille. Ruhe. Schweigen.
Vertrauen.
Sicherheit.
Geborgenheit.
Dankbarkeit.
Warum muss sich so etwas nur so schön anfühlen?
Warum muss mich so etwas so dermaßen berühren?
Warum muss mich so etwas so dermaßen berühren?
Warum ist sie so nett zu mir und bringt mich mehr in Abhängigkeit?
Darf das sein? Kann ich das einfach annehmen?
Muss ich das hinterfragen?
Wieso, weshalb, warum jemand so ist oder etwas macht?
Ist es okay?
Darf ich so fühlen?
Darf ich sie "lieb haben" ?
Darf ich sie "lieb haben" ?
Darf mir das wichtig sein?
Darf ich mich durcheinander fühlen?
Darf ich mich durcheinander fühlen?
Darf mich das traurig machen?
Oder auch glücklich machen?
Denk doch was du willst und werde verrückt.
Denk doch was du willst und werde verrückt.
Die Umarmung hat sich langsam wieder gelöst.
Ich habe mir das nächste Tuch aus der Box gezogen,
während sie
"Schreiben Sie mir die Woche nochmal eine Mail?
Wie es Ihnen weiter geht?"
meinte.
Es hat nicht mehr aufgehört, ich habe mich wieder weggedreht
und laut
"Es hört einfach nicht auf!"
gesagt.
"Soll ich Sie nochmal zur Toilette bringen?"
Tiefes Durchatmen.
Kurz die Augen zu und wieder auf.
Tür auf und raus, den Gang tränenverschmiert entlanggelaufen
-
Toilette.
"Ich glaube an Sie, ich glaube ganz fest an Sie!"
meinte sie flüsternd,
während sie zum Abschied meine Hand geschüttelt und darüber gestrichen hat.
Auf Toilette und über dem Waschbecken hängend.
Ich habe mich im Spiegel angeguckt und meinen Kopf dagegengepresst,
die Augen zugekniffen und die vom Mascara schwarz gefärbten
Tränen ins Waschbecken unter mir laufen lassen.
Die frisch gewaschenen Haare haben im Gesicht,
im Nacken, im Mund und sonst wo geklebt.
Laut schluchzend bin ich in eine Kabine gegangen,
habe mich auf das geschlossene Klo gesetzt und mir eine Zigarette gedreht.
Ich habe mir meine knallrote Sonnenbrille aufgesetzt,
bin aus dem Waschraum raus und ganz langsam die Treppen
Richtung Ausgang geschlichen.
Missing something, torn soul.
It's gone too far, I think.
Hallo Louisen kind,
AntwortenLöschenDanke für diesen berührenden Text.
Ich glaube am Ende ist die ganze Menschheit auf der Suche nach denselben Dingen. Liebe, Fürsorge und Anerkennung.
Es gibt nur Menschen, denen das jahrelang fehlt. Die es sich wünschen, die auf der Suche sind, aber es allein nicht finden können, weil dazu immer mindestens zwei gehören.
Und dann gibt es diese eine Person. Plötzlich erfährt man das, was so lange gefehlt hat. Und dann will man diesen Moment nicht mehr loslassen, besteht nur noch aus Sehnsucht nach diesen paar Sekunden und weiss, dass es aber irgendwie auch nicht gut tut. Weil diese Beziehungen einfach noch gelebt werden dürfen. Gewisse Verbindungen sind in der Gesellschaft nicht vorgesehen.
Ich durchlebe gerade dasselbe Drama mit einer Bezugsperson. Ich kann jedes Deiner Worte verstehen. Und ein bisschen tut es gut zu wissen, dass ich kein Exot bin. Dass es anderen genauso geht.