System Error

Ich habe gerade einen Artikel hier im Internet gelesen.
Zwei Sätze sind mir dabei im Kopf hängengeblieben:

"Wir werden nicht zu einem Volk von psychisch Gestörten,
eigentlich sind wir es schon.
Es ist nun mal kein gutes Zeichen seelischer Gesundheit,
gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein."

Ich kann mich auch daran erinnern,
dass meine Therapeutin vor nicht all zu langer Zeit
während einer Sitzung mal zu mir meinte
"Die eigentlich kranken Menschen in dieser
Gesellschaft sind die Gesunden.
Und die, von denen alle denken, dass sie gesund sind,
das sind die eigentlich kranken Menschen.",
so oder so ähnlich.
 Die Menschen sind schon viel zu sehr an dieses System,
an diese Gesellschaft hier angepasst, dass sie doch
eigentlich gar nicht mehr merken, was hier wirklich abläuft.
  
Man wird hineingeboren in diese Welt, ob man nun will oder nicht.
Du musst, du sollst.
Du musst und sollst dieses und jenes tun,
das ist so vorgegeben, das gibt die Gesellschaft so vor.
So viele, vor allem junge Menschen da draußen
streben nach Unabhängigkeit und Individualität.
Und dabei passt sich im Endeffekt doch wieder jeder
der Masse an, weil man eben dazugehören will.
Und wo ist dann der Einzelne? Wo ist das Individuum?
Wie werden dann die Menschen gefördert,
die sich einfach nicht anpassen können?
Oder auch die, die sich nicht anpassen wollen?
Die, die sich falsch hier fühlen?

Für mich gibt es hier einen Fehler, einen großen Fehler im System.
Im Endeffekt geht es doch immer nur um dasselbe:
Geld, Macht, um den reinen Materialismus.
Und darum, dass man etwas erreichen muss in dieser Gesellschaft.
Dass man etwas leisten muss, um anerkannt zu werden.
Und das fängt schon in der ersten Klasse mit den Noten an.
Jedenfalls habe ich es nicht anders gelernt.
Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich in der dritten
oder vierten Klasse irgendwann einmal die Schnauze voll hatte
und meinen Wochenplan, den wir jeden Montag bekommen haben,
einfach zerknüllt und in den Mülleimer geworfen habe.
Und danach? Danach habe ich gemacht was ich wollte.
Ich wollte das nicht, ich wollte meine Freiheit.
Ich wollte nicht an irgendetwas gebunden sein,
irgendetwas machen müssen, das ich eigentlich gar nicht will.
Und im Nachhinein dafür bewertet zu werden,
verglichen zu werden mit meinen Klassenkameraden,
die mich sowieso nie mochten.
Ich habe noch nie dazugehört.
Vorgestern meinte ich zu meiner Therapeutin,
dass ich mich verdammt wertlos fühle, weil ich nichts gebacken bekomme.
Weil ich anscheinend nichts leiste, weil ich krank bin, weil ich
mich widerlich und unwohl in meiner eigenen Haut fühle.
Weil ich das Gefühl habe, einfach nicht hierher zu gehören.
Weil ich mich wie ein Fremdkörper fühle.
Sie hat mich gefragt, ob ich meine Freundin Celine
denn auch für wertlos halte, weil sie krank ist und "nichts leistet".
Daraufhin habe ich ganz stark mit dem Kopf geschüttelt.
"Nein, ich denke nicht, dass sie deshalb wertlos ist"
Warum ich das dann über mich denke, hat sie mich gefragt.
Dass meiner Ansicht nach also nur Menschen etwas wert sind,
die auch etwas leisten oder geleistet haben.
"Nein, aber das habe ich so gelernt, das ist fest in meinem Kopf verankert"
Und dieses Gefühl werde ich einfach nicht los.
Seltsamerweise beziehe ich das aber immer nur auf mich,
nie auf andere Menschen.

Unsere Welt ist verdreht, diese Welt hier steht auf dem Kopf, glaube ich.
Vielleicht bräuchten wir alle mal einen großen Knall,
damit der Großteil merkt, wie hier eigentlich was abläuft.
Dass immer mehr Menschen unter irgendwelchen
(psychischen) Störungen leiden.
Dass immer mehr Menschen "durchdrehen" und den Verstand in
dieser Welt hier verlieren.
Vielleicht müsste das System einfach mal komplett heruntergefahren,
die Festplatte formatiert und das Betriebssystem wieder
neu aufgespielt werden, damit sämtliche Viren
beseitigt sind und der Computer gereinigt ist.
Dann finden all die Programme darauf vielleicht mal ihren Frieden
und laufen auch wieder ohne Fehler.

Kommentare

  1. Hey Louisenkind,
    ich habe glücklicherweise keine größeren psychischen Probleme, zähle mich also dahingehend zu den Gesunden (bzw. den eigentlichen Kranken?). Bitte verzeih mir, wenn meine Gedanken an manchen Stellen nicht zutreffend sind, da ich lediglich beobachten und analysieren, es aber nicht selbst nachvollziehen/fühlen kann.
    Unsere Ellenbogengesellschaft trägt sicher seinen Teil dazu bei, vor allem wenn man nie Liebe und Zuneigung, sondern immer nur Enttäuschung und Leistungsdruck erfahren hat (sei es von den Eltern, Lehrern, Mitschülern, etc.).
    Der Wert des Individuums spielt in dem Fall scheinbar keine Rolle, es wird Leistung erwartet, man hat gefälligst zu funktionieren. Das ist für jeden Menschen eine hohe Belastung, aber manche haben das Glück, es über Freunde, Familie und andere gebliebte Menschen auszugleichen - andere macht scheinbar kaputt.
    Zieht sich das über Jahre durch deine Kindheit und deine Jugend, verankert sich diese Enttäuschung - bezogen auf deine Mitmenschen - wahrscheinlich tief in dir. Du fängst an dich selbst zu hassen, dir selbst nichts mehr wert zu sein, suchst vergeblich nach dem Sinn in Leben. Wenn dir niemand wirklich gezeigt hat, dass er dich liebt und wertschätzt (vor allem deine Eltern), wird es wohl an dir liegen, denkst du. Du fängst an, dir selbst die Schuld dafür zu geben, entwickelst Aggressivität dir selbst gegenüber.
    Und genau hier startet meiner Meinung nach ein Teufelskreis. Liebe und Zuneigung brauchst du dringend - all das, was dir in deiner Kindheit verwehrt wurde. Aber da du dir selbst nichts mehr wert bist, suchst du wahrscheinlich auch nicht aktiv den Kontakt zu anderen Menschen - zumal es doch jene sind, die in der Vergangenheit tiefe Enttäuschung in dir ausgelöst haben. Wahrscheinlich ist es da extrem schwierig, wieder Vertrauen aufzubauen?

    Vielleicht ein kleines Zitat zum Schluss: Liebe dich selbst, dann wirst du auch von anderen geliebt.
    Aber bis dahin wird es ein langer Weg sein - zu viel wird an deinem (Selbst-)vertrauen genagt haben. Das bedeutet aber auf gar keinen Fall, dass es aussichtslos ist. Jeder Mensch ist wertvoll, auch du. Bleib dran!

    P.S.: Du bist mit deinem Blog und deinen Videos sicher eine große Hilfe für hunderte von Menschen da draußen. Allein das macht dich zu einem extrem tollen Menschen. :)

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  2. Danke für deine offene Art uns Nutzern Erfahrungen aus psychosomatischen Kliniken hier im Blog und über Youtube mitzuteilen. Das gibt mir selbst die Kraft den Weg in eine Tagesklinik zur Behandlung meiner F43.1G & F32.2 Diagnosen anzutreten. War zuerst bei zwei Therapeuten, die beide eine ambulante Behandlung auf Grund der Schwere ablehnten. Die Entscheidung war nicht einfach..... auch dank deiner Berichte versuche ich es um wieder in die "Spur" zu kommen.

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  3. Hallo Louisenkind.
    Erstmal vielen lieben Dank für deinen Blog. Ich "verfolge "Dich erst seit kurzem auf YouTube und hier und finde es irgendwie lustig was Du schreibst.
    Verstehe mich bitte nicht Falsch aber es fühlt sich so an als ob Du in meinen Kopf schaust und es dann schreibst.
    Mach bitte weiter so. Du bist nicht allein.

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